directors lounge monthly screening
Monika Rechsteiner
Reality Check
Donnerstag, 25. Juli 2013
21:00
Z-Bar
Bergstraße 2
10115 Berlin-Mitte
Monika Rechsteiners Filme sind Raummetaphern, die sich über die Zeit ihrer Betrachtung entwickeln. Zunächst folgen wir langen Panoramafahrten der Kamera über stillstehende Bilder, eine ungewohnte Reduktion, die gegen die filmische Erwartung von Bewegung und Tiefe steht, und doch führt uns die Kamera immer wieder in andere Tiefen und Blickwinkel des Raumes. Es sind häufig Rohbauten oder Bauruinen, aber auch eigentümliche Stadtansichten, die sich aus ihrer Räumlichkeit selbst zu entwickeln scheinen. Zugleich führt uns ein Text, eingesprochen oder als Laufband auf eine ganz andere Ebene, der uns aber dennoch, ob es sich um Fragen der Kunst handelt, oder die Ereignisse um Fukushima, zurückführt auf eine Selbstreflexion der filmischen Wahrnehmung. Die realistisch abgebildeten Räume werden so zu Metaphern, zu Gedanken-Gebäuden. Das Programm zeigt bekanntere Filme Rechsteiners wie “To Be Continued" (über Tokyo-Fukushima) und “Wie von Selbst", als auch weniger bekannte Kurzfilme mit Super-8 und digitalem Video gedreht.
Monika Rechsteiner hat eine eigene Technik entwickelt, Filme aus vielen Fotos und kurzen Videoclips zu komponieren. Die in Berlin lebende Schweizer Künstlerin begann ihre Filmarbeit mit Zeitraffer-Filmen auf Super-8. Eine Technik, die es verlangt jeden Kader einzeln zu fotografieren, für einen Film 18 bzw. 24 Kader in der Sekunde. Eine weitergehende Verknüpfung von Fotos mit mit bewegten Bildern erscheint daher als konsequente Entwicklung, besonders mit den neuen digitalen Spiegelreflexkameras. Rechsteiners Filme erfordern eine minutiöse Vorbereitung der Kamerafahrten; jedoch entwickeln sich die Kompositionen der Bilder weitgehend zuhause, wenn sie das Material aus hunderten von Bildern zusammenfügt. Die fotografierten Räume sind oft leere Rohbauten, oder Bauruinen wie der Rohbau des Kernkraftwerks Stendal. Ein Kraftwerk des Tschernobyl-Typs, dessen nukleares Feuer nie gezündet wurde. Wenn es seiner Funktion übergeben worden wäre, wäre es das größte deutsche Atomkraftwerk gewesen. Die Rohbauten sind überraschend farbig und besitzen inspirierende Strukturen. Das in der ersten Person gehaltene Voice-Over spricht dagegen von der Kunstproduktion. Die Künstlerin benutzte Texte zweier Kunsthistoriker und einer Schriftstellerin aus Aargau, dem Schweizer Kanton mit den meisten Atomkraftwerken. Der Text erscheint als Sebstreflexion der Künstlerin über das Kunstmachen und hinterfragt daher die rein ästhetische Lesart der Oberflächen in mehr als zwiespältiger Weise.
Es mag purer Zufall gewesen sein, dass Monika noch einen weiteren kernkraftbezogenen Film erstellte. Während ihres Aufenthaltes in Tokyo 2011 hatte sie Impuls, die nächtlich leeren Straßen Tokyos zu fotografieren um den Menschenmassen in den Strassen tagsüber zu entgehen. Kurze Zeit nach den Aufnahmen ereignete sich das Fukushima Disaster und leerte die Strassen Tokyos für mehrere Tage — und gab damit den Bildern eine ganz andere Konnotation. Indem Rechsteiner Schriftlinien des Newstickers über die Unfallfolgen dem sonst stummen Film unterlegt, folgt sie diesem Kontext und hinterfragt gleichzeitig den Realismus der Bilder.
Nicht immer mit Schwerpunkt auf politischen Interpretationen scheint Monika Rechsteiner den gebauten Raum als Metapher für den Geist zu verstehen. Besonders nicht fertig gestellte Räume oder moderne Ruinen scheinen mit eigener Sprache “zu sprechen". Die Kombination von Text und Bild, die je eine eigene Geschichte “erzählen", fordern den Betrachter heraus, eigene Interpretationen zu finden. Diese Herausforderung für den Betrachter mag mit den einkanaligen Videoarbeiten für die Kinoleinwand stärker sein, als bei ihren Multikanal-Installationen in Ausstellungen, wenn der Betrachter durch die Präsenz der ihn umgebenen Bilder überwältigt wird. Gleichzeitig gibt vielleicht die Filmvorführung mehr Interpretationsraum. Daher möchten wir auch auf eine interessante Diskussion nach den Filmen gespannt sein.
Die Künstlerin ist anwesend, mit anschließender Diskussion. Kuratiert von Klaus W. Eisenlohr.
Reality Check
Playlist
01 Hikikomori 2012, HD Video [12' 41 min.]
02 Haven Beeldscherm 2002, dvpal [2' 35 min.]
03 Immez 2000, Super-8 Film auf dvpal [4 min.]
04 o.T. [cleo] 2006, Super-8 auf dvpal [2' 30 min.]
05 to be continued 2011-13, HD Video [Ausschnitt 5 min.]
06 wie von selbst 2009, HD Video [33 min.]
07 Real Estate II 2013, HD Video [8' 29 min.]
Artist Links:
http://www.echtzeitverdichtung.org
Links:
Directors Lounge
http://www.directorslounge.net
Z-Bar
http://www.z-bar.de
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